„Wir wollen eine Zukunft“ ist ein Hilferuf, keine Drohung

Schweinfurt (14. Februar 2020). Eine angemeldete, polizeilich begleitete und friedliche Demo von Somaliern, die in der hiesigen Ankereinrichtung untergebracht sind, hat hier bei Facebook für Aufregung gesorgt. Unter einem Video von Radio Primaton finden sich mittlerweile zigtausende rassistische und menschenverachtende Kommentare. Viel davon stammen von bundesweit organisierten Rechten, die die Bilder von protestierenden Migranten für ihre Zwecke ausschlachten. Es gibt aber auch bedenkliche Kommentare von Schweinfurterinnen und Schweinfurtern.

Es ist ein großes Glück und ein Lebensprivileg, wenn man auf der Sonnenseite des Lebens – in Schweinfurt – geboren ist. Somalia ist die Schattenseite. Hier tobt ein tödlicher Terrorkrieg und von Bandenkriminalität über Piraterie bis zu islamistischem Terror ist so gut wie jede Form von Gewalt und Unrecht vertreten. Die Menschen, die am Donnerstag auf die Straße gingen, sind dieser Hölle entkommen und haben bei uns erst einmal Schutz und Ruhe gefunden. Das ist gut.

Schlecht ist, dass wir diesen Frauen und Männern im besten Lebensalter nicht die Chance geben, schnell Deutsch zu lernen, ihren Kindern keinen Schulunterricht ermöglichen, ihnen ein selbstbestimmtes Leben mit der Möglichkeit, das tägliche Essen selbst einzukaufen und zu kochen, verweigern. Die Ankerzentren sollten durch Zentralisierung schnelle Entscheidungen über Asylanträge binnen 3 bis 6 Monaten ermöglichen. Das Konzept ist gescheitert, viele Menschen schmoren Jahre – oft die besten ihres Lebens – in diesen seelenlosen Massenunterkünften. Und ihr Leben kommt nicht vom Fleck…

Ich appelliere an alle Schweinfurterinnen und Schweinfurter, die das Video von Radio Primaton vielleicht spontan und unbedacht negativ kommentiert haben, noch einmal in Ruhe über ihre Worte nachzudenken. Nehmen Sie eine Position der Menschlichkeit ein. Schlüpfen Sie gedanklich kurz in die Haut dieser Menschen, die Heimat aufgeben mussten und jetzt erstmal ohne Perspektiven dastehen. „Wir wollen eine Zukunft“ ist ein Hilferuf, keine Drohung. Weiten Sie Ihr Herz!